Kleine Mammuts

Seit drei Jahren reizt es mich, an einem „Massen-Wander-Event“ teilzunehmen. Hier gibt es mittlerweile verschiedene Anbieter wie Megamarsch oder Mammutmarsch. Nachdem 2020 für mich ein sehr komisches Jahr war, wo sich einiges in meinem Leben verändert hat, war es 2021 leider nicht besser. Das Leben hat sich noch nicht normalisiert und vieles musste sich neu ordnen. Seit einiger Zeit kann ich aber mein Leben wieder als routiniert und geordnet bezeichnen und die Idee mit der Teilnahme kam wieder auf.

Mein Langzeitziel war schon damals die 100km in 24 Stunden zu laufen, allerdings bin ich bei weitem nicht mehr so trainiert wie 2019, wo ich noch die 50km am Tag ohne Probleme gewandert bin. Also sollte es ein kleiner Anfang werden, 30 oder 55km war die Herausforderung. Passend dazu bot der Veranstalter Mammutmarsch ein Event in meiner direkten Nähe an, welcher an einer meiner Lieblingslocation starten und enden sollte.

Ich wollte diese aber nicht alleine antreten und so suchte ich Mitläufer. Leider kamen hier sehr viele Absagen, die natürlich auch alle berechtigt waren und ich für jede einzelne Verständnis hatte. Hubertus hatte Familienbesuch, Vivi und Tobi musste arbeiten. Mein Bruder Thomas bot sich aber an, dass er mitläuft. Er ist von der Bundeswehr deutlich mehr gewöhnt, aber wir haben uns für mein Neuanfang auf die 30km geeinigt und uns angemeldet.

Kaum zu glauben, 30km am Stück gewandert – auch wenn hier nur 29,3km stehen

Wenige Tage später überraschte mich Vivi: Sie hat sich frei genommen und möchte mich auf diesem Weg begleiten! Danke dafür 😘

Wenige Tage vor dem Mammutmarsch kam dann der erste Dämpfer, Thomas hat eine Sportverletzung und fällt aus, dass heißt Vivi und ich machen nun alleine die kleine Wanderung. Aber Kopf hoch, dafür gibt es nun Zeit zu zweit.

Zur Vorbereitung haben wir unsere Ausrüstung ein wenig erweitert, die Tage vorher verbrachten wir viel mit Shopping. Es gab neue Wanderhosen, atmungsaktive Shirts und ein wenig nützliches wie Essgeschirr, Trinkflaschen und ähnliches.

Am Tag vor der Wanderung stieg die Aufregung, die Taschen wurden vorbereitet und wir waren uns beide Sicher: Wir packen das, aufgeben ist keine Möglichkeit! Auch am nächsten Morgen als wir im Landschaftspark Duisburg-Nord ankamen war die Aufregung noch da, das Veranstaltungsgelände war beeindruckend aufgebaut, alles auf Motivation ausgelegt. Wir haben uns angemeldet, unsere Unterlagen abgeholt und ein paar Fotos von uns und dem Gelände gemacht.

Vivi und ich vor dem Mammutmarsch

Dann war es endlich soweit! Pünktlich um 12:30 Uhr sind wir losgewandert. Mit uns zusammen sind mehrere hundert gleichgesinnte gestartet. Wir waren die letzte Startergruppe an diesem Tag, gesamt gab es um die 5000 Teilnehmer.

Die ersten 10 km waren ein gemütlicher Spaziergang, wir gingen den Grünen Weg entlang um später zum Rhein-Herne-Kanal zu kommen, wir kamen durch den Kaisergarten und am Gasometer vorbei und hatten dann am Haus Ripshorst unsere erste Pause. Neben Bananen gab es hier noch Salzstange und tolles Energy-Food, welches vom Veranstalter verteilt wurden. Die Füße taten noch nicht weh, allerdings merkten wir nach dem ersten aufstehen einige Krämpfe in den Beinen.

Bei der zweiten Etappe begangen die kleinen Wehwehchen. Meine Socken waren zu Dick für die Schuhe und die Wanderschuhe sind auch nicht das richtige für fast durchgehend Asphalt. Vivis Socken wurden beim Laufen feucht und scheuerten auf den Füßen, was zu einigen Blasen auf dem Fuß führte. Die Schmerzen bei ihr wurden leider sehr groß, aber sie kämpfte sich bis zum zweiten Verpflegungspunkt im OLGA Park.

Hier stellte sich für mich die Frage „Aufgeben oder weiter“. Ich war mir sicher, dass Vivi so nicht weiter laufen konnte, die Schmerzen waren enorm, die Socken durch. Vivi war aber kämpferisch und erinnerte mich daran: „Aufgeben ist keine Option“. Wir hatten dann Glück im Unglück, eine junge Mitstreiterin hat Vivis Problem aus der Ferne erkannt (nicht schwer, wenn man mittlerweile auf Socken läuft) und spendete ihr ein paar trockene Socken, versorgte die Wunden mit Pflaster und Babypuder. Nach meinen Füßen wollte ich nicht schauen, ich merkte dass die ersten Blasen auch bei mir da waren. Dicke Falke TK1-Socken waren vielleicht nicht die beste Idee. Frisch gestärkt mit noch mehr Engery-Food, unseren Broten aus dem Rucksack und einigen Getränken ging es weiter.

Leider führte der Weg nun 9 km immer geradeaus am Kanal entlang, wieder nur Asphalt. Auf halbem Weg fingen die Schmerzen bei Vivi wieder an. Wahrscheinlich lief sie nicht gerade aufgrund der schmerzenden Füße und das ging auf Knie und anschließend auf die Hüfte. Ich dachte wir würden es nie bis ans Ziel schaffen, aber Vivi überzeugte mich, dass sie eine Kämpferin ist. Hier hatten wir immer wieder kurze Wegbegleiter, die uns Mut zugesprochen haben und am Ende sogar Vivi mit Voltaren-Salbe und Schmerztabletten versorgten. Vielen Dank dafür, ihr wart unsere Rettung!

Nach knapp 5 1/2 Stunden Laufzeit kamen wir wieder an den Hochöfen des Landschaftsparks. Dazu kamen noch insgesamt um die zwei Stunden Pausen, die wir zum Großteil an den Verpflegungspunkten verbracht haben.

Ziel in Sicht

Wir waren so unendlich Glücklich, als wir endlich durch das Ziel laufen konnten. Wir holten unsere Urkunden ab, bekamen tolle Finisher-Medaillen und haben uns die Kilometer in ein Tagebuch eintragen lassen.

Allerdings waren wir so durch, dass wir direkt ohne das Belohnungsbier nach Hause wollten. Auf dem Heimweg holten wir uns noch ein leckeres Abendessen, denn auf Kochen hatte keiner mehr Lust von uns nach diesem Tag.

Was kommt als nächstes? Wir denken wir machen erst noch einmal die 30km, bevor wir gemeinsam mehr versuchen möchten.

Link zur Wanderung: